Dienstag, 4. März 2014

Kunsthandwerk und Kriegshandwerk: 100 Jahre Erster Weltkrieg. Fundstücke zu Geschichte und Rezeption 2

Liest man autobiographische Zeugnisse und die aus ihnen hervorgegangenen immer noch lebensgeschichtlich gefärbten literarischen Verdichtungen zum Kriegs- und insbesondere Frontalltag des Ersten Weltkriegs, so sind Gewalt, Tod und das Töten des Gegenübers nicht das Einzige, immer wiederkehrende bedrückende Element. Hinzu kommt die Langeweile, das Warten darauf, dass etwas passieren möge und sei es auch noch so schrecklich.
Es liegt nahe, diese Zeit der Langeweile füllen zu wollen und eine Art, wie das geschah, war die sogenannte Schützengrabenkunst. Jedes noch so unzureichend bestückte Museum zur Geschichte des Ersten Weltkriegs watet mit kunsthandwerklichen Stücken aus Soldatenhand auf: Federhalter aus Patronen, Gefäße aus Granaten und dergleichen, anrührend-kitschigem Tand mehr. Doch wurde auch mit mehr oder weniger selbstbewussten Zugriff gezeichnet und gemalt. Die wahrlich ungeheuren Potentiale, die der Erste Weltkrieg bei prominenten Künstlern hervorgerufen hat, sind vielfach beschrieben worden. Doch nicht nur die Prominenz der Kunstgeschichte, versuchte, bildend dem Krieg Herr zu werden. 
Die hier vorliegende Quelle ist der Versuch eines Landsers, sich mit eher bescheidenen materiellen und sicher auch eben solchen artistischen Mitteln der Kriegslandschaft anzunehmen.  "Schützengraben-Drahtverhau in Wolhynien, 1917". Gezeichnet wurde es von einem C. Fischer aus Kiel (über Informationen zum Urheber wäre ich durchaus dankbar).  
Schaut man sich die Komposition des Bildes an, so wird deutlich, dass das Ganze - auf laienhaftem Niveau - vergleichsweise souverän konstruiert ist: Im Hintergrund, verwaschen, eine Baumgruppe ohne sichtbare Einwirkungen des Krieges. Im Vordergrund der titelgebende Stacheldraht, detailreicher gezeichnet als Einbruch des modernen Krieges in eine Landschaft der dunklen Romantik.